Die Verwendung von KI in den Medien

18.11.2025
Lesezeit: 9 Minuten

Künstliche Intelligenz trifft Journalismus: Warum Vertrauen, Transparenz und Finanzierung jetzt zur Chefsache werden.

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Inhalt auf einen Blick

Vertrauen ist gut, Kennzeichnung ist besser

Wenn Reto Vogt am Hauptbahnhof ein Plakat hätte, stünde da: "KI ist der Wahrscheinlichkeit verpflichtet, nicht der Wahrheit." Treffender könnte man es nicht formulieren. Denn genau das ist die Crux, wenn Medieninhalte mit KI erstellt oder verändert werden. Die Technologie generiert plausibel wirkende Aussagen, aber nicht zwingend Fakten. Das führt zu einer entscheidenden Frage: Wann ist KI nur ein Werkzeug, und wann ersetzt sie journalistisches Denken?

Reto Vogt plädiert für klare Richtlinien. Wenn KI ganze Texte generiert, braucht es eine transparente Kennzeichnung. Wird sie hingegen zur Rechtschreibprüfung oder für Strukturvorschläge genutzt, genügt der journalistische Absender. Problematisch wird es, wenn Medienhäuser ihre Verantwortung an Maschinen abgeben. Das Vertrauen der Leser:innen könnte auf lange Sicht erodieren, wenn nicht klar ist, wie Inhalte entstanden sind.

Die Medienbranche zwischen Trafficdruck und Realitätscheck

Was früher mit Google und Facebook begann, setzt sich mit ChatGPT & Co. fort. Reichweite wird ausgelagert, Inhalte fliessen ab, der Traffic sinkt. Medienhäuser stehen unter Druck, ihre Reichweite monetarisieren zu müssen, obwohl der klassische Klick immer weniger zählt. Stattdessen liefern KI-Systeme direkte Antworten, oft ohne Quelle, ohne Kontext.

Viele Medien hätten den Service-Gedanken zu spät erkannt, sagt Vogt. Es gehe nicht um Inhalte an sich, sondern darum, die richtigen Informationen zur richtigen Zeit im richtigen Format bereitzustellen. Genau hier setzen Tools wie Perplexity an, die Inhalte aus verschiedensten Quellen kuratieren, inklusive Audiofunktion, perfekt für den Sonntagmorgen im Auto. Solche Modelle könnten Medienmarken entwerten, wenn keine klare Differenzierung mehr erfolgt.

Neue Wege der Finanzierung: Medienbudget statt Paywall

Fakt ist: Die aktuelle Medienförderung greift zu kurz. Onlineformate wie spatz.news oder InsideIT erhalten kein Geld, während Printtitel und Radiosender subventioniert werden. Reto Vogt fordert darum ein neues Modell: Ein Medienbudget pro Haushalt, das zweckgebunden an bevorzugte Medien verteilt werden kann, egal ob grosse Marke, lokales Format oder einzelne:r Journalist:in via Substack.

So könnte Medienvielfalt gesichert und die Abhängigkeit von Werbemarkt und Klickzahlen reduziert werden. Voraussetzung: Eine faire Verteilung, die Kleine nicht benachteiligt. Der Vorschlag bringt Bewegung in die Diskussion und zeigt, dass es Alternativen zum bisherigen Modell gibt.

Faktencheck und Halluzination: Die neue Qualitätsfrage

Ein KI-generierter Matchbericht mit erfundenem Kopfballtor? Klingt absurd, passiert aber. Vogt erzählt von einem Beispiel, in dem 15 von 20 Buchempfehlungen schlicht nicht existierten, publiziert in einer US-Sonntagszeitung. Ohne menschlichen Faktencheck bleibt das Restrisiko. Auch wenn Halluzinationen laut Studien nur noch in 1% der Fälle auftreten, ist das für den Journalismus bereits zu viel.

Der Mensch bleibt Schlüssel zur Qualitätssicherung. Wer Inhalte veröffentlicht, muss die Verantwortung tragen. Gerade im investigativen Bereich ist der Einsatz von AI heikel, besonders wenn es um Quellenschutz oder personenbezogene Daten geht. Datenschutzkonforme Tools wie amazi.ai könnten hier Abhilfe schaffen, müssen aber breiter diskutiert und eingesetzt werden.

Medienkompetenz als Pflichtfach

Zum Schluss wird Reto Vogt persönlich: Medienkompetenz sollte wie Mathe oder Deutsch in der Schule gelehrt werden. Nur wer versteht, wie KI funktioniert, kann fundierte Entscheidungen treffen, ob als Konsument:in oder Produzent:in. Denn die nächste Generation wird mit diesen Tools aufwachsen. Es liegt an uns, ihnen beizubringen, wie man sie sinnvoll und verantwortungsvoll nutzt.

KI kann helfen, aber nicht ersetzen

Die Diskussion zeigt klar: KI kann ein Gamechanger im Journalismus sein, aber nur dann, wenn Transparenz, Qualität und Fairness gewahrt bleiben. Medien brauchen neue Geschäftsmodelle, klare Richtlinien und gesellschaftlichen Rückenwind. Vielleicht auch ein wenig mehr Mut, sich neu zu erfinden.

Was bedeutet das für dich als Marketingverantwortliche:r?
Wenn du Inhalte produzierst oder verbreitest, triffst du dieselben Fragen wie die Medien: Was ist Fakt? Was ist KI? Und was darfst du deinen Leser:innen zumuten, ohne ihr Vertrauen zu verspielen?

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